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Der Jungautor und Herbert Fux auf dem
malerischen Marktplatz von Salzburg.
Über die Kleiderordnung sehen wir
hinweg...
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Hier müssen Sie aber noch
unterschreiben! Herbert Fux kann
seinen Pflichten nicht entkommen! |
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“Fragen Sie mich ja nicht nach LASS
JUCKEN KUMPEL!” Ungute
Erinnerungen an eine Jugendsünde. |
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Drei aus dem Interviewer-Quartett: Uwe
J. (Chirurg), Michael C. (Lebenskünstler)
und Uwe H. (Querulant)... |
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Herbert Fux ist noch sympatischer als er auf den Bildern rüberkommt und sich nicht zu schade, unsere Einladung zum Buio Omega-Club anzunehmen.
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DIE SALZBURG CONNECTION
EIN INTERVIEW MIT HERBERT FUX
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Herbert Fux - wohl kaum ein deutschsprachiger Schauspieler kann auf so viele Auftritte und Nebenrollen zurückblicken wie er. Hierbei hat er vom Neuen Deutschen Film bis zum Sleazeklassiker nichts ausgelassen. Als sich die Gelegenheit bot, mit ihm in seiner Heimatstadt Salzburg ein karriereumspannendes Interview zu führen, nahmen wir es dementsprechend mit Verzückung wahr. Weniger entzückend war hingegen die Bedienung von Salzburgs bekanntestem Kaffeehaus, Tomaselli, die trotz des Riesenumsatzes, den wir ihr in dem vierstündigen Gespräch beschert haben, kein Lächeln für uns übrig hatte. Herbert Fux erwies sich als offenherziger und unterhaltsamer Geprächspartner, weshalb das Interview in zwei Teilen erscheinen wird, um die Fülle an Informationen und Anekdoten über vier Jahrzehnte europäischer Filmgeschichte auch dem Leser in ihrer ganzen Breite zu präsentieren.
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FANGEN WIR MAL ZUNÄCHST MIT IHRER BIOGRAPHIE AN. BEI ANDEREN SCHAUSPIELERN WÜRDE ICH ZWAR SAGEN, DAß WIR UNS LEDIGLICH DIE ROSINEN RAUSPICKEN, ABER BEI IHNEN MUß MAN EINFACH ALLES ANSPRECHEN.
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Geboren wurde ich 1927 in Hallein, das ist so zehn Kilometer außerhalb von Salzburg. In die Schule bin ich dann nach Salzburg gekommen, anschließend ins Gymnasium, dann Realgymnasium, und schließlich kam das Schauspielseminar...
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WIE ENTSTAND BEI IHNEN DER WUNSCH, SCHAUSPIELER ZU WERDEN?
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Meine Mutter und mein Vater waren damals nicht mehr verheiratet, mein Vater ist 1933 gestorben, und mein sogenannter Stiefvater war der Theaterdirektor von Salzburg. So bin ich schon ab meinem sechsten Lebensjahr immer im Theater herumgelaufen. Solange ich mich erinnern kann, bin ich also schon mit dem Theater in Berührung gewesen. Die zweite Überlegung war folgende: Mein Onkel war Rechtsanwalt und hat sehr viele Geschworenenprozesse und so etwas geführt. Da habe ich mich dann oft in die Verhandlungen hereingeschmuggelt, was mir auch sehr imponiert hat. Ich habe daher geschwankt, was ich machen soll, wie es ja meistens so ist. Zunächst schaute ich, ob ich Jura machen sollte, was mir dann aber doch zu trocken war - die ganzen Rechtsfragen und so, das war doch nicht das Richtige.
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SIE HABEN ERST RELATIV SPÄT IHREN ERSTEN FILM GEDREHT.
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Am Mozartheum habe ich das Schauspielseminar bis 1951 besucht und danach mit dem Theaterspielen angefangen, zuerst so ein paar Stücke in Salzburg. Das einzige ständige Engagement in meinem ganzen Leben war in Vorarlberg - ein typisches Anfängertheater, an dem man wirklich jedesmal große Rollen spielen konnte. Der Grund, warum ich mich nur einmal dort engagieren ließ, war der, daß wir einen Direktor hatten, der mir unbedingt seine Direktionsmacht beweisen wollte. Er sagte: "Sie sind ein junger Mensch, jetzt müssen sie einmal Obrigkeit kennenlernen, sonst wird aus ihnen nichts. Sie sind widerspenstig." Er hat mich einfach abgesetzt. Darauf ging ich zu ihm und fragte, was ihm nicht passe. Er antwortete: "Es ist alles wunderbar. Ich will Ihnen nur zeigen, daß ich der Direktor bin." Hier fiel bei mir die Entscheidung, nur noch Stücke zu spielen. Ich habe anschließend 10 Jahre in Wien an verschiedenen Bühnen gespielt: Schillertheater, Volkstheater usw.
Arthur Maria Rabenalt bereitete damals einen Film in Wien vor und ist in eine Vorstellung von Tankred Dorsts "Die Kurve" gekommen, in dem ich die Hauptrolle gespielt habe. Er engagierte mich für DER MANN IM SCHATTEN, den erste Film, in dem der Qualtinger den Kommissar gespielt hat. Ich habe einen Mordverdächtigen gespielt. Dann bekam ich mehrere kleinere Rollen beim Spiehs von der Wiener Stadthallen-Film, bevor ich nach München gegangen bin und sehr viel für die Constantin-Film gearbeitet habe.
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"GESTÄNDNIS EINER 16JÄHRIGEN", IST DAS IHR ERSTER FILM?
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Das glaub ich nicht. Davor kam ein Film von Franz Antel im Salzkammergut. Das war noch in den 50ern.
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ES GIBT DA EIN PAAR KOMISCHE FÄLLE, IN DENEN SIE ZWAR GELISTET WURDEN, ABER NICHT ZU ENTDECKEN SIND.
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Bei DIE ROTE SONNE DER RACHE weiß ich, daß ich herausgeschnitten wurde, weil ich nachher nicht mehr erschienen bin. Das war eine Mafia-Produktion, falls es sie interessiert. Das war unwahrscheinlich! Mit Corbucci hatte ich 25 Drehtage und 20 Drehtage extra. Die ersten drei Monate waren bereits abgelaufen, da habe ich gefragt, wer denn jetzt die finanziellen Konsequenzen tragen würde. Man sagte zu mir: "Darum müssen sie sich selber kümmern. Unsere Beteiligung an dem Film ist jetzt zu Ende. Sie müssen das mit den Italienern ausmachen." Ich mußte dann extra da unten bleiben, während die anderen über Weihnachten alle weggefahren sind. Zu dem Zeitpunkt hab ich schon 20 Drehtage mehr gehabt, und das zeigte ich dem Produzenten, nur damit er weiß, was das für Kosten sind. Das ging damals ja in die 50, 60 Tausend Mark - heute ist's das doppelte. Da sagte er, "Ah, interessant." und strich vor meinen Augen die Null durch, damit das nur zwei Drehtage wurden. Das hat dann sogar eine tätliche Auseinandersetzung gegeben, ich bin ihm richtig an die Gurgel gegangen. Ich sagte noch: "Und das Geld bekomm' ich." Und er: "Schreib mir 'ne Ansichtskarte." Jetzt war also noch Geld ausständig, und ich hatte noch ein paar Szenen zu drehen. Eines Tages sehe ich Einschußlöcher am Oberkörper meiner Uniform. Auf die Frage, was das bedeute, antwortete man mir: "Heute ist deine Todesszene." Ich entgegnete: "Moment, da fehlen doch noch einige Szenen." "Ja, der Corbucci hat das alles gestrichen." Am letzten Drehtag hatten es dann alle wahnsinnig eilig mit mir. Plötzlich sah ich in einer Entfernung von 50 Metern den Kassierer, und gerade als der Corbucci sagte: "Motore", drehte ich das Pferd um und ritt aus der Szene heraus. 200 Pferde waren in Bewegung, ich aber verschwand in die andere Richtung. Das gab dann natürlich einen totalen Tumult. Ich forderte: "Zuerst will ich mein Geld!", was sie mir dann auch bar ausgezahlt haben. Das war natürlich mein letzter Drehtag. In München habe ich daraufhin dem Rechtsanwalt für die Filmwirtschaft in meinem Vertrag gezeigt, wie der Herstellungsleitung das durchgestrichen hatte. Wir sind sofort zu dem Rechtsanwalt für die Filmwirtschaft in Italien gegangen. Den Prozeß haben wir auch gewonnen, da das Durchstreichen nicht beglaubigt worden war - nur Geld habe ich keines gekriegt. Ich meinte zu meinem Anwalt. "Wir haben den Prozeß gewonnen, jetzt müssen wir auf Zahlung klagen." Da sagte er: "Das wird wenig helfen, Ihr Vertrag ist nicht mehr da. Die Sekretärin da unten hat mir mitgeteilt, nachdem der Prozeß gewonnen war, hätte man bei Ihr angerufen und gesagt: 'Wir haben es nicht gerne, daß sie den Fux vertreten.'" Und das war schon das Ganze. Die haben sofort gewußt was sie zu tun haben. Ich wußte ja nicht, daß da die italienische Mafia im Spiel ist...
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BEI "DIE ROTE SONNE DER RACHE" WAR NOCH EIN ANDERER DEUTSCHER DABEI, NÄMLICH DAN VAN HUSEN...
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Ja, den hab ich noch eingebracht. Der war damals in Italien, und ich sagte zu Corbucci, er solle ihn nehmen - bis zu dieser Auseinandersetzung stand ich mit Corbucci sehr gut..
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WIE WAR CORBUCCI ALS REGISSEUR?
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Corbucci war damals - zusammen mit Sergio Leone - der große Westernregisseur. Es gab nur die zwei. Er hat einen Haufen Western gedreht. In Italien wurden ja hunderte von Western gedreht - es hat nur so gewimmelt. Ich habe noch in einem anderen Western zusammen mit Kinski gespielt. Da haben wir eine Auseinandersetzung gehabt...
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IN EINEM WAR KINSKI DRIN?
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Ich kann mich noch daran erinnern, daß Kinski folgendes gemacht hat: Wir standen da, und ich fragte ihn: "Was ist heute mit dir los?" Er sagte: "Ich drehe heute nicht. Das Geld ist nicht da." Der Kinski bekam damals 40000 DM pro Tag.
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WIE KANN ER SO VIEL GELD AUSGEBEN?
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Ja, das geht immer. Es war ausgemacht, daß das Geld immer mittags da sein mußte, weil er den Italienern mit gutem Recht nicht getraut hat. Bei italienischen Filmen war das immer so: Mittag, ein Uhr, (simuliert mit seiner Hand eine Glocke, die geläutet wird) "Soldi!". Um halb zwei war diesmal das Geld allerdings immer noch nicht da, und Kinski meinte: "Nee, wir drehen heute nicht." - und das ist ein Riesenfilm gewesen. Ich glaube, das war DIE LETZTE RECHNUNG ZAHLST DU SELBST.
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ES KANN SEIN, DAß KINSKI DA AUCH RAUSGESCHNITTEN WURDE...
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Das kann natürlich sein. Wir waren damals irgendwo 100 Kilometer außerhalb von Rom. Lional Stander hat immer eine Stunde länger geschlafen. Der hatte sein Dachapartement, und in jedem Zimmer stand ein Bett mit einem Mädel drin. Wir haben immer eine Stunde warten müssen, weil der Kerl nicht aufgestanden ist. Der hat seine Nachtgeschichten gehabt und ist dann jedesmal mit zwei Stunden Verspätung gekommen. Jeden Tag gab es Krach, aber trotzdem: Am Nachmittag ist dann alles unheimlich schnell gelaufen. Am Vormittag hat man noch gedacht, sie erschlagen sich alle, Mord und Totschlag, jetzt ist es aus mit dem ganzen Film. Exzesse. Und auf einmal ab zwölf - es waren schon vier Stunden vergangen - waren alle freundschaftlich. Alles hat plötzlich geklappt, und die Zeit wurde aufgeholt. Das haben sich die Deutschen gar nicht vorstellen können.
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JETZT, DA WIR DAS THEMA KINSKI ANGESCHNITTEN HABEN: SIE HABEN JA NOCH ANDERE FILME MIT IHM GEMACHT.
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An DIE SCHWARZE KOBRA kann ich mich noch erinnern. Der wurde von Zehetgruber für die Stadthallenfilm gemacht. In Bezug auf Kinski weiß ich noch, daß ihn der Roman Schließer vom Flughafen hat abholen müssen. Er kam gerade von der Villon-Tournee, bei der er einen Kerzenleuchter ins Publikum geworfen hatte - einen brennenden Kerzenleuchter! Weil Leute ihn gestört haben! Mit diesen Exzessen ist er damals durch die gesamte deutsche Presse gegangen: "Kinski gefährdet die Zuschauer." Und da hatte der Produzent natürlich Angst, daß er diese Exzesse wiederholt. Also schickte er den Roman Schließer, der ganz gut mit Kinski befreundet war, zum Flughafen, um Kinski abzuholen und ihm vertraulich zu sagen: "Der Produzent ist seltsam. Der hat sich 'nen zweiten Hauptdarsteller in Reserve gehalten." - falls er durchdreht, oder sowas. Roman Schliesser sagte ihm das dann im Taxi: "Du, das ist ein ganz seltsamer Produzent, der macht das so, wie man das an der Oper macht, bei einem Sänger, bei dem man nicht so sicher ist..." Der Kinski hörte das, und von dem Augenblick an kam er bis zum Schluß als der netteste Mensch zum Dreh. Kein Ausbruch, keinerlei Theater, überhaupt nichts. Ich hab ihn ein paar mal erlebt - wenn er gesehen hat, daß es um die Kohle ging, war er völlig normal.
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WIE WAR DENN DER ZEHETGRUBER? DER HAT JA IN SEINEN FILMEN MEISTENS AUCH MITGESPIELT.
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Der Zehetgruber war ein Praktiker, der damals relativ viel gemacht hat. Hofbauer und Zehetgruber hatten damals einen Vertrag mit der Constantin. Sie haben zu der Zeit für ein oder zwei Millionen Mark einen Film gemacht, das war ganz gut. In Jugoslawien, Rumänien und den Ostblockstaaten haben sie gedreht, weil es billig war.
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SIE HABEN NOCH ZWEIMAL MIT KINSKI GEARBEITET.
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Ja, JACK THE RIPPER, da habe ich ihm natürlich ein Wunder reingehauen. Eines Abends stand auf dem Drehplan die Szene, in der er mich umbringen sollte. Am Nachmittag zuvor in einer Szene - ich bin gerade da - springt er mich auf einmal an und würgt mich. Ich denke, jetzt ist er wahnsinnig geworden. Er jedoch sagte: "Entschuldige, ich hab nur die Nachtszene ausprobieren wollen, in der ich dich umbringen soll. Mir ist gerade eingefallen, wie ich das mache." Ich habe richtig Würgemale gehabt. Also wirklich: Aus dem Stand springt er mich an. Das waren seine sadistischen Einfälle. Ich bin dann zum Dietrich gegangen, der der Produzent war, und habe gesagt: "Weißt du was, besorg dir 'ne Puppe. Die Szene wird ja in der Nacht auf dem Dachboden gedreht. Ich sage dir, ich fahre ab. Ich hatte schon den Adamsapfel in der Luftröhre. Ich kenne den Kinski. In Rom haben die Leute schon Büschel von Haaren verloren, bloß weil der Schauspieler ist." Fragt er: "Was machen wir denn da?" Sag ich: "Ja, das weiß ich nicht. Besorg dir 'ne Puppe. Das kannst Du dann ja im Dunkeln drehen." Dietrich hatte Angst, daß der Kinski in seiner Ecke was merkt, wenn ich umfalle und einfach Tod bin. Ich habe natürlich schon gewußt, daß der Kinski ganz heiß ist auf diese Todesszene - das Umbringen war für ihn immer das Interessanteste.
Wir haben in einer Villa in der Nähe von Genf gedreht. Ich verschwand dann, weil ich schon wußte, wenn irgend etwas schief geht, kriegt der Kinski Wahnsinnsanfälle. Ich schlich mich also ganz langsam auf einem Kiesweg von dem Haus weg zum Taxi, ganz leise - ich hab mich noch geärgert, daß der Kies so gekracht hat. Auf einmal sah ich aus der Dachluke Kinskis Kopf kommen und hörte einen schrillen Schrei: "Du feiges Schwein!". Ich hetzte im Eilschritt zu dem Taxi und forderte den Fahrer auf, er solle sofort losfahren, weil ich dachte, der Kinski stürzt sofort runter und zerrt mich noch aus dem Taxi raus. Der war ja zu allem fähig. Vor allem, wenn er bei einer Produktion machen konnte, was er wollte. Der Dietrich war ihm ja nicht gewachsen.
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DER "WOYZECK" WAR EIN WEITERER FILM MIT KINSKI...
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WOYZECK, das war dann 'ne ruhige Sache... Die Geschichte vom Herzog muß ich noch erzählen. Ich war zu der Zeit zwei oder drei Jahre in Rom, weil wir dort viel gedreht haben. Damals kam der Herzog zu mir herunter - er wohnte im selben Hotel - und sagte zu mir: "Kannst du mir einen Gefallen erweisen? Mein Traum ist der Kinski." Herzog war mit kleineren Filmen, die vor dem Hintergrund der 68er-Bewegung entstanden sind, in Deutschland schon bekannt geworden, aber der Star Kinski, mit den Gagen - das war ja unerreichbar. "Ja Wahnsinn, der Kinski, womit willst du denn das bezahlen? Wenn du ein paar tausend Mark hast, dafür macht der dir doch keinen Film." Herzog darauf: "Ja, aber kennenlernen, wenn sowas möglich wäre, nur fünf Minuten mit ihm reden..." Sowas von Anbetung habe ich noch nie bei einem Menschen gesehen, was der gefaselt hat über den Herrn Kinski. Also bin ich zu Kinski: "Da ist aus Deutschland so ein Jungregisseur..." "Mensch, laß mich doch mit den Arschlöchern in Ruhe." Sag ich: "Ist gut, vergiß es." Der war auf einem Höhentrip. Die ganzen Italiener waren heiß, ihn zu engagieren. Das war ja Klein-Hollywood damals in Rom. Und dann kommt so ein deutscher Filmemacher...
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ALSO HAT DER HERZOG VERSUCHT, ÜBER SIE AN DEN KINSKI RANZUKOMMEN?
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Ja, das wurde aber leider nichts. Dann hatte Kinski diesen Riesenauftritt, als er einen Polizisten geohrfeigt hat. Er mußte innerhalb von 48 Stunden Italien verlassen. Kinski ist ja nur Rolls Royce gefahren. Am Anfang hatte er auch noch einen Führerschein, der ihm dann aber abgenommen worden ist. Darauf hat er einen Chauffeur engagiert, nur wegen dem Rolls Royce. Kinski hetzte ihn immer: "So ein Arschloch. Schneller fahren, schneller. Ich hab keine Zeit!" Der hat ihn so gehetzt, daß sie mit 120 durch die Stadt gerast sind. Und als Folge haben sie ein paar Autos angefahren. Kinski hat dem Fahrer fast die Pistole angesetzt: "Arsch, ich bring' dich um, fahr schneller!" Da hat der Fahrer gedacht: "Bevor der mich umbringt, da fahr' ich den Rolls Royce halt kaputt." Kinski ist dann einfach in ein Restaurant gegangen, hat die Firma angerufen und gemeint: "Geld spielt keine Rolle. Ich warte, bis ein neuer Rolls Royce da ist. Verlangen sie, soviel sie wollen." Die Firma hat den dreifachen Preis gefordert und innerhalb von zwei Stunden einen neuen Rolls Royce gebracht. Da habe ich schon gewußt, wie das ganze Geld verschwindet. Na ja, und dann kam diese Affäre: Ein Polizist hat ihn angehalten wegen zu schnellen Fahrens. Kinski stieg aus und watschte ihm eine. "Was willst du Schwein?" - und haut ihm eine runter. "Ich fahr so schnell, wie ich will!" Da war natürlich für ihn in Italien Sense. Er mußte innerhalb von 48 Stunden das Land verlassen. Es wurde gesagt, er würde sonst eingesperrt werden, wenn er nicht verschwinde. Man hat ihm das nur nahegelegt, nicht daß er nicht kommen brauchte, es hieß, er werde eingesperrt nach der Verhandlung. Das war nämlich ein tätlicher Angriff gegen einen Staatsbeamten. Er ist nach Berlin abgefahren und machte dort "Jesus Christ Superstar". In Italien hatte er bereits viel Geld verloren, durch die ganzen Affären und seine Geldrausschmeißerei. Und dann hat Herzog wieder bei mir angerufen - ich war damals nämlich auch in Berlin: "Ja, Herr Kinski ist wieder in K Berlin kannst du mir...?" "Du brauchst mich wohl. Mal langsam: Er ist pleite, und nach Italien kann er auch nicht mehr zurück." "Was? Das ist ja 'ne Chance!" (Allgemeines Gelächter) "Ja, glaubst du, daß er das macht?" "Er ist pleite! Er wird auch für 100000 Mark drehen." Und dann hat er mit nur 80000 Mark den Kinski für AGUIRRE engagiert.
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1964 MACHTEN SIE MIT HUBERT FRANK "DAS MÄDCHEN MIT DEM SEXTEN SINN".
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Ja freilich, Hubert Frank. DAS MÄDCHEN MIT DEM SEXTEN SINN. Das war so ein lustiger Film an der Adria, auf so einer Nacktinsel. Das waren damals völlig harmlose Filme, in denen wir verlottert durch die Gegend gelaufen sind. Diese Filmchen! Aber das war ganz lustig.
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WIE WAR DENN DER HUBERT FRANK SO? WIE WÜRDEN SIE IHN BESCHREIBEN, WIE HAT ER GEARBEITET?
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Der Hubert Frank, der war eigentlich ein ganz witziger, wahnsinnig liebenswürdiger Mensch. Den hab ich eigentlich sehr gemocht.
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WIE WAR DENN DER HUBERT FRANK SO? WIE WÜRDEN SIE IHN BESCHREIBEN, WIE HAT ER GEARBEITET?
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Der Hubert Frank, der war eigentlich ein ganz witziger, wahnsinnig liebenswürdiger Mensch. Den hab ich eigentlich sehr gemocht.
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KOMMEN WIR ZUM JAHR 1964 UND "GEISSEL DES FLEISCHES".
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Der Opernmörder! Das war die Opernmördergeschichte, die Franz-Josef Spieker der Regisseur, der später WILDER REITER GMBH gemacht hat, gesehen, und das war dann eigentlich der Grund, warum er mich für den Film engagiert hat. GEISSEL DES FLEISCHES haben sie damals verrissen. Das war ja klar: Dieser Opernmord war zu der Zeit der Schrecken von Wien. Man hat es deswegen als Blasphemie betrachtet, daß man dieses Thema verfilmte. Und 20 Jahre später entdeckt man den österreichischen Kultfilm GEISSEL DES FLEISCHES. Und dann den zweiten noch, SCHAMLOS, und DIE VERWUNDBAREN von Tichat. Die hat der Leo Moser dann rausgeholt.
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WIE IST DER EDDY SALLER DAMALS AUF SIE GEKOMMEN FÜR DIE HAUPTROLLE?
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Durch DER MANN IM SCHATTEN, glaube ich.
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BEIM PUBLIKUM WAR "GEISSEL DES FLEISCHES" DAMALS EIN ERFOLG, ODER?
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Das war natürlich eine Sensation, die jeder sehen wollte.
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DANN KAMEN SPIEKER UND "DIE WILDE REITER GMBH".
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Der war damals eine Sensation! Der Film hatte ein komisches Schicksal. Er gehörte ja zu den fünf erfolgreichsten Filmen damals - das Manifest von Oberhausen, "Opas Kino ist tot, es lebe der junge deutsche Film." Der Spieker war vorher der Regieassistent von Kubrick und kam mit der Geschichte eines Schauspielers 'rüber, den er in Amerika kennengelernt hatte, und der ihn faszinierte. Er hat dann mit ein wenig Schlenkern aufgrund dieser Bekanntschaft den Film gemacht. Das Geld mußte er zusammenkratzen - es gab ja noch keine deutsche Filmförderung, die kam erst '68 oder '69. Aber es gab Gott sei Dank auch keine Kommission, die die Filme kontrolliert hat. Das war ja damals die Geschichte: ENGELCHEN, ODER DIE JUNGFRAU VON BAMBERG, ZUR SACHE, SCHÄTZCHEN, WILDER REITER, ES und DER JUNGE TÖRLESS - das waren die fünf großen Filme des Neuen Deutschen Films. Alles ohne Kontrolle, und ein Millionengeschäft! Wir haben bestimmt das Dreifache eingespielt, von dem, was der Film gekostet hat. Der Adloff hat damals ganz schön Geld damit verdient, hat dann jedoch weiter produziert, bis er es wieder verspielt hatte. Auch der Schamoni hat viel Geld verdient, mit ES und den ganzen Filmen. Und Rob Houwer hat mit ENGELCHEN, ODER DIE JUNGFRAU VON BAMBERG einige Millionen gemacht. Dadurch, daß der Film nicht kontrolliert wurde, hat er natürlich viel Dynamik gehabt. Das ist übrigens der ganze Grund, warum der Film nie im Fernsehen gelaufen ist: Nur weil ich im Film einen Stempel hatte, wo "Wilder Reiter" draufstand, den ich aus Publicitygründen wild über den Kopf vom Papst und Franz Josef Strauß gehauen habe, was dann groß abgebildet gewesen ist, im ganzen Format. Das war das Ende für jede Fernsehübertragung. Wir sind dann zur ARD gefahren und haben gesagt: "Wir sind bereit diese Sequenz herauszuschneiden." Da erwidern die: "Kommt nicht in Frage, sonst sagen sie, wir hätten eine Zensur." Ich erwiderte: "Wir würden auch unterschreiben, daß es keine Zensur ist, sondern daß wir es im Sinne der Verkürzung des Films he rausgenommen haben." Zum Spieker meinte ich noch, das spiele ja keine Rolle, es seien ja nur ein paar Minuten, das sei ja völlig Wurscht. Aber da war nichts zu machen. Und das war dann der Beginn der deutschen Filmkontrolle und der deutschen Filmförderung. Zum einen war es natürlich die Politik, aber der Hauptschuldige war der Herr Kluge. Der Herr Kluge, der dann mit seinem Anwalt zum Bundestag gefahren ist und gesagt hat: "So, jetzt hat der junge deutsche Film bewiesen, daß er Opas Kino einstellen kann und große Zuschauerzahlen bekommt. Und jetzt warten Dutzende von jungen Regisseuren darauf, daß sie gefördert werden." Und die Politik antwortete: "Wunderbar, auf das haben wir schon lange gewartet. Wir gründen jetzt ein Gremium, und das passiert uns nicht mehr: ENGELCHEN VON BAMBERG, bürgerliche Keuschheit zu verarschen, DER JUNGE TÖRLESS, sowas brauchen wir nicht." Der Totengräber des jungen deutschen Films war der Kluge, denn er hat den Politikern eine Chance gegeben einzugreifen, Kontrolle zu haben und auch Leute, die keine Filme machen können, wie Staatskünstler zu fördern. Später ist der Kluge bei RTL eingestiegen, mit dem Ergebnis, daß er ein vielfacher Millionär geworden ist. Und seine Filme, bitteschön, die wollen wir ja nun wirklich vergessen. RATLOS IN DER ZIRKUSKUPPEL, bei dem er sich noch mit seinen Journalistenfreunden - das kann man ruhig mal sagen - seine Preise in Venedig geholt hat. Da kann man sehen, was das für Journalisten sind: Na dann mal gute Nacht!
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DAFÜR WIRD ER NICHT WIEDERGEBOREN.
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Er war ja an allem beteiligt. Ein wirklich raffinierter Rechtsanwalt. Totengräber des deutschen Films.
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DREI JAHRE SPÄTER IST DANN ERNEUT MIT SPIEKER EIN "KUCKUCKSEI IM GANGSTERNEST" ENTSTANDEN.
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Ja richtig. Wir hatten damals erst so richtig großen Erfolg mit dem WILDEN REITER. Die Leute reden ja sicher heute noch von dem Film. In München wurde er jetzt wiederaufgeführt. Der Oberbürgermeister Ude wollte den Film. Das wagte er mit der Regierung, und der gefiel ihm auch noch gut. Heute geht's ja langsam, aber man muß den Film aus der seiner Zeit heraus betrachten. Er war damals ein Erfolg - das ist ja gar keine Frage -, weil er die Politik verarscht hat. Er hat die Werbung verarscht. Er hat die Regierung verarscht, und er war eigentlich der deutsche Film, bei dem die Politiker gesagt haben, es wäre der politische Film. Er hat alles das, was in Deutschland an Amerikanismen aufgestiegen war, angegriffen - und der Spieker konnte das schon in Amerika nicht leiden.
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SPIEKERS KARRIERE GING DANN...
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Ja, da hatte er sich schon den ersten Wurm eingetreten, und dann bekam er noch eine Fernsehproduktion für den WDR, bei der ihm natürlich die ganzen Produktionmethoden nicht gepaßt haben. Er hat dem Spiegel einen Artikel geschrieben, über die politische Zensur des WDR, was ihm endgültig das Genick gebrochen hat. Vorher hatten die Amerikaner den WILDEN REITER gesehen, und so bekam er einen Vertrag mit der Paramount. Das war damals eine Sensation, daß ein deutscher Regisseur bei der Paramount angestellt und sogar mitbeteiligt war. Er hat aber den generellen Fehler gemacht - und da kommt wieder die deutsche Mentalität zum Ausdruck -, nicht mit diesem Genre, diesem kritischen Realismus, weiterzumachen. Italiener, Franzosen oder Amerikaner wären nach diesem Erfolg bei dieser Linie geblieben. Er aber sagte: "Das interessiert mich nicht mehr, ich will Strukturen entlarven." Und ich fragte: "Was machst du?" "Ich entlarve jetzt Strukturen. Das männliche und das weibliche Prinzip als Grundtypen. Das muß jetzt bildlich dargestellt werden." Sag' ich: "Ja und, was wird das?" "Das wird ein interessanter Film, du brauchst ja nicht mitzumachen, wenn du nicht willst." Wir hatten kurze Zeit eine Auseinandersetzung, dann meinte ich: "Na gut, vielleicht geht's. Wenn die Paramount sich sowas einsteckt, wundert mich zwar..."
So kam die Figur zustande, welche ein Mittelding zwischen Hitler, Nosferatu, Golem und Napoleon war. Und die Schygulla als Inbegriff des weiblichen Prinzips wurde mit Popart verbunden. Aber außer für den Herausgeber der FAZ, der eine ganze Seite geschrieben hat - "Der beste Film seit Godard" -, war das beim Publikum nichts. Die Leute haben wie RATLOS IN DER ZIRKUSKUPPEL gesessen. Die haben immer auf Action gewartet, dabei waren das Kulturanalysen.
Zur Schygulla haben wir gewöhnlich gesagt: "Du bayrische Kuh, red' einmal gescheit. Man versteht dich überhaupt nicht", weil die so einen harten bayrischen Dialekt gesprochen hat. (Imitiert Schygulla) "Uhöuhuhoheu". Schon damals hatte sie ein vollkommen steifes Gesicht. Bei Fassbinders erstem Film wurde sie dann ja als Medium genommen, sozusagen. Sie ist mir aufgefallen, weil sie im Gesicht nichts darstellen konnte - sie hatte keine Regung im Gesicht. Fassbinder hat sie dann zu einer Kultfigur gemacht, obwohl sie nicht spielen konnte. Wie der Berger, der nur durch Visconti aufgelebt ist. Da war ja nichts, null war da. Aber, da kommt dann so ein Genie wie der Fassbinder: "Die braucht nicht spielen. Ich bin der Regisseur, ich stelle die dahin!" Es gibt manche Regisseure, die sowas können. Andere, wie der Spieker, sind verzweifelt: "Nun spiel' doch endlich 'was!" "Ich kann nur mit Rainer" lautete ihre Standardantwort.
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WIE IST DER SPIEKER 1978 UMGEKOMMEN?
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Das weiß man nicht genau. Entweder es war Selbstmord, oder es war Mord. Spieker hatte nur noch Kurzfilme gemacht, Dokumentationen, und ist dann nach Bali geflogen. Das letzte mal, daß ich was von ihm gehört habe, ist schon über 20, 25 Jahre her. Auf Bali gab es damals noch so religiöse Sekten in Höhlen, aber heute ist das nicht mehr so. Die hat er gefilmt, was strengstens verboten war. Und da gibt es eine Version, die besagt, daß er sich umgebracht hätte, und die andere - das ist die Version, die wahrscheinlich stimmen wird -, daß sie ihn umgebracht haben, daß sie ihn erwischt haben beim Filmen. Jedenfalls ist er am nächsten Tag am Strand angespült worden, ohne Augen und ohne Genitalien. Vielleicht hat's auch ein Fisch da abgefressen, aber ich glaube, den haben sie gekillt. Ich kann mich erinnern, daß es damals von verschiedenen Seiten Interesse gab, diese Sekten zu filmen, was keinem gelungen ist. Spieker hat sich jedenfalls in eine Höhle eingeschwindelt und die Aufnahmen gemacht.
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MITTE DER 60ER WURDE ES DANN IMMER INTERNATIONALER: FINALE IN BERLIN MIT MICHAEL CAINE.
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Das war sehr schön. Hamilton, der Regisseur des Films, hatte gerade GOLDFINGER fertiggestellt. Er war wirklich ein englischer Gentleman - ein ungeheuer vornehmer, feiner Mensch. Und dann war da die erste Begegnung mit der Eva Renzi, die in dem berühmten Film TOD IN HOLLYWOOD die Hauptrolle gespielt hat. Das war ein Sensationsfilm damals, ein Welterfolg. Das Begräbnis in Hollywood, das war eine Verarschung des ganzen Begräbnissystems.
In FINALE IN BERLIN hat der Hubschmid eine große Rolle gespielt, und sie hat ihn immer begleitet. Die Renzi war eine wirkliche Skandalnudel: Frech bis dorthin, sexy, unverschämt! Sie ist dann immer mit dem Hubschmid gekommen und hat ihre Witze gerissen. Und Hamilton, also einem wirklichen englischen Lord, hat das gefallen. Er freundete sich sehr eng mit den Beiden an und hat sich immer über die Renzi abgerollt, weil sie so lustig war. Irgendwie hat sie gegen die Hauptdarstellerin intrigiert, und dann ist es dem Regisseur auf einmal selber aufgefallen: "Die ist wirklich nicht so gut." Er hat sie acht Tage laufen lassen, ohne ihr etwas zu sagen, dann den Salzmann aus Amerika herübergerufen und ihm die Muster vorgeführt. Er war der Meinung, er könne mit der nicht mehr weitermachen. Sie wurde dann ausgewechselt, und die Renzi hat die Rolle gekriegt. Sie schaffte es in acht Tagen, die amerikanische Hauptdarstellerin auszutrumpfen. Es war ungeheuerlich. Die ist dann wütend abgefahren, aber die Retourkutsche kam drei Jahre später: Der Hubschmid hat zu der Zeit in Amerika gedreht und mit seinem Einfluß die Renzi für einen anderen Film im selben Studio als zweite Hauptdarstellerin durchgesetzt. Sie kam dann, aber die Hauptdarstellerin war die Person, die ursprünglich die Hauptrolle in FINALE IN BERLIN hatte. Sie hörte, daß da eine Darstellerin kommt, die sie aus Deutschland kenne, und sagte: "Ich verlasse sofort das Studio." Und die Renzi kam nur bis zum Eingang des Filmstudios, da stand schon der Leiter der Filmproduktion und sagte, sie könne direkt zurückfliegen. Das war die ausgleichende Gerechtigkeit.
In dem Film spielte zudem Günther Meisner mit.
Der war ganz interessant, ein sehr interessanter Darsteller. Den hab ich sehr gemocht, ein ganz Verrückter war das, sehr exzesshaft, aber trotzdem gescheit.
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PENSION CLAUSEWITZ. ROLF EDEN, DER PLAYBOY...
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Ja, herrlich! Rolf Eden ist ja der größte Spaß gewesen in Berlin. Er war der Nachtlokal-König von Berlin. Immer der schöne Mann, Rolls Royce, eigenes Boot - natürlich am Wannsee. Er hat nie geheiratet und immer ungeheures Glück gehabt. Ich habe ihn letztens noch mal gesehen, auf RTL. Der hat sich gut gehalten. Er führt ein wunderbares Leben und hat Millionen verdient.
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MIT ERNST HOFBAUER DREHTEN SIE DANN "HEISSES PFLASTER KÖLN".
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Das war ein ganz guter Film. Der Ernst Hofbauer war für solche Kriminalfilme gut, weil er so eine Härte hatte: "So komm, und nun ran!" Fast schon amerikanisch in seiner Mentalität, daß er nicht so ins Psychologische, sondern gleich in die Action ging. Der war von der Constantin sehr geschätzt, hat viele Filme gemacht, zehn oder fünfzehn. Da wurde immer gesagt: "Nehmt den Hofbauer. Der Hofbauer macht's kurz und präzise."
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CLAUS TINNEY, DER SCHAUSPIELER, HAT DAS DREHBUCH GESCHRIEBEN.
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Der Tinney ist ein Playboy, so ein Münchener Playboy. Ein bißchen eitel, ein bißchen schön. Und eigentlich ein ganz guter Boulevard-Autor. Seine Stücke sind in den Münchener und Berliner Theatern eigentlich immer ganz gut gelaufen.
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WIE WAR DAS BEI KOMMISSAR X? DER TONY KENDALL SOLL ZIEMLICH EITEL GEWESEN SEIN?
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Wahnsinnig eitel! Der hat ziemlich üble Geschichten gemacht. Das waren wirklich lebensbedrohliche Sachen, die ihm da eingefallen sind, also von der Action her. Mit ihm bin ich ein paar mal zusammengekracht. Er war ein ganz netter Kerl, aber irgendwo etwas beschränkt in der Einschätzung von Gefahr.
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DER PRODUZENT THEO MARIA WERNER HAT VERHÄLTNISMÄßIG VIEL GEMACHT.
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Er war ein wahnsinnig netter Mensch. Er ist an einem Herzinfarkt gestorben. Allerdings war er ein schlechter Geschäftsmann und hat sich von seinen Regisseuren immer hereinlegen lassen, so daß er so überziehen mußte, daß für ihn persönlich nichts übrig geblieben ist. Dabei war er eigentlich ein ganz guter Produzent für die Constantin oder die Gloria, aber eben zu gutmütig. Der Zehetgruber hat zum Beispiel in Istanbul einfach ein zweites Team verlangt, was finanziell gar nicht machbar war. Theo Maria Werner hat sich darauf eingelassen und gut eine Millionen Mark verloren.
In Istanbul gab es da noch eine Geschichte: Da war ein Libanese als Produzent, ein Italiener und der Theo Maria Werner. Die stritten immer wahnsinnig um's Geld. Der Libanese war dabei der Gefährlichste, der hat immer mit falschen Schecks gearbeitet, die nicht gedeckt waren. Eines Tages hat ein Türke einen dieser Streits beobachtet und kam zu Werner: "Deutscher Mann, nicht aufregen. Gib zehntausend Mark. Der Libanese heut abend sicher mit Blei im Bosporus. Wir arbeiten gut. Nicht aufregen. Bosporus genügend Platz." Für zehntausend Mark! Da hat sich der Werner gesagt: "Wenn der zum Libanesen geht, und der gibt ihm zwanzigtausend Mark, dann liege ich im Bosporus." Das prüft ja kein Mensch nach. Da kommen ja so viele Leute hin. Also, was da Leute umgebracht wurden in Istanbul...
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EINMAL HABEN SIE AUCH MIT LUCIO FULCI ZUSAMMEN GEARBEITET. MIT HEINZ RÜHMANN UND WOLFGANG KIELING IN "DIE ABENTEUER DES KARDINAL BRAUN"...
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Kieling, ...die Geschichte ist auch noch für sich ganz lustig. Er war ja dieser Wanderer zwischen Ost und West. Der ist ja einmal in die Ostzone und dann wieder zurückgekommen. Zweimal hin und her. Er kam von Osten nach Westen und ist dann ein großer Fernsehstar geworden, hat dabei aber immer wieder an den Osten gedacht. Als wir einmal in Italien gedreht haben, ging er immer am Ufer entlang, am Meer, und hat sich darüber beschwert, daß er zuwenig beachtet wird. Das war genauso wie bei Rühmann. Ihn hat man nämlich in Italien nicht gekannt. Er war immer ganz entsetzt, daß er in Italien nicht wie ein Star behandelt wurde. Rühmann kam von der Constantin da an, und Fulci sagte: "Was der, der Rühmann? He is not funny! The Germans say, he is funny, großer deutscher Komiker. Nothing." Die italienischen Komiker waren da ganz anders. Der Fulci kannte die ja alle und hat die Welt nicht mehr verstanden, als dann der Rühmann kam. "Der ist ja schrecklich, der ist ja langweilig." Das hat den Rühmann ziemlich aufgeregt. Kieling, der auch mitspielte, hat sich ebenfalls wahnsinnig aufgeregt, daß er auch zu wenig beachtet wurde, und daß er als Erster rüber zur Maske mußte, um sieben in der Früh.
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ABER MIT DEM FULCI HABEN SIE SICH GUT VERSTANDEN?
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Ja, der Fulci ist ein lustiger Mann. Später hat er dann ja ziemlich furchtbare Sachen gemacht. Er sagte mal zum Kieling: "Look at Fux, he is funny!" Das hat der Kieling nun wirklich nicht gebraucht. Aber eigentlich hat er sich natürlich nichts daraus gemacht, denn der Fulci war nur in Italien ein Begriff. Den Rühmann hat es auch nicht gekümmert.
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DER RÜHMANN GILT UNTER DEN KOLLEGEN JA AUCH ALS ZIEMLICHER UNSYMPATH.
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Ja,... undankbar...
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FULCI GALT IMMER ALS SEHR AGGRESSIV AM DREHORT?
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Ja, er war eben ein Tempramentsbolzen.
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UND ES HEIßT, DAß ER OFT BETRUNKEN WAR...?
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Ja, das auch, aber wie gesagt: Er war immer lustig. Wie der Menahem Golan. Golan war ja ein Expressiver - von Schreianfällen bis zu lyrischen Sachen, alles hintereinander, innerhalb von drei Minuten. Geschrien, das ergab sich direkt mit der Show, und dann sagte er: "Was war denn jetzt? Warum habe ich eigentlich so geschrien? Jetzt weiß ich es gar nicht mehr."
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SIE HABEN NOCHMALS MIT KIELING IN "DAS HAUS DER TAUSEND FREUDEN" GESPIELT. VINCENT PRICE WAR AUCH DABEI.
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Ja. ja, das war lustig. Wo haben wir das gedreht? War das Spanien? Der Vincent Price ist ein ungeheurer Gentleman gewesen. Er war ja der größte Antiquitätenhändler, Kunsthändler überhaupt, und hat, obwohl er beim Film gut verdient hat, mit dem Kunsthandel wahnsinnig viel Geld gemacht. Er war ein hervorragender Koch und hat uns öfters eingeladen.
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ACH JA, DER PRODUZENT, DER SEHR BERÜCHTIGT IST, WAR HARRY ALLAN TOWERS. ER WURDE MAL VERHAFTET IN DEN 70ERN, WEIL ER AN EINEM MÄDCHENHÄNDLERRING BETEILIGT WAR.
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Irgend so etwas. Ich kann mich erinnern, daß er eigentlich immer ominöse Geschichten gehabt hat. Und er hat ein bißchen ausgeschaut wie so eine Qualle. Seine Frau war ja lange Zeit immer die Hauptdarstellerin in seinen Horrorfilmen.
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DIE MARIA ROHM...
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Die hat sich ja den Produzenten geangelt, gleich am Anfang.
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EINER IHRER NÄCHSTEN FILME WAR ANDREA - "WIE EIN BLATT AUF NACKTER HAUT" VON HANS SCHOTT-SCHÖBINGER.
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In Wien arbeitete er auch als Schauspieler und war sogar in der Kriegs- und Nachkriegszeit ein Regisseur der Wien-Film. Der hat also noch zu dieser Generation gehört. Er ist ein echter Routinier gewesen. Hans Schott-Schöbinger war ein Begriff bei der Sascha-Film und der Wien-Film.
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JA, GENAU, DER HAT FRÜHER VIELE HEIMATFILME GEMACHT. ABER GEGEN ENDE SEINER KARRIERE, SO AB '70, DA HAT ER NICHT MEHR VIEL FÜR DAS KINO GEDREHT. ER HAT NOCH EINEN GENREFILM GEMACHT, DER SOGAR RECHT AMBITIONIERT WAR - "VON HAUT ZU HAUT".
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Ein richtiger Profi, ein Profi war das.
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SIE SPIELTEN AUCH IN EINEM JERRY COTTON-FILM MIT: HARALD REINLS "TODESSCHÜSSE AM BROADWAY". DIE WURDEN JA NUR ZUM TEIL IN DEN USA GEFILMT. WIE WAR DAS DENN EIGENTLICH BEIM DREH: HABEN SIE DA ZUFÄLLIG IRGENDWELCHE AMERIKANISCHEN AUTOS HINGESTELLT?
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Nur der Kameramann ist rübergeflogen, hat ein paar Aufnahmen gemacht, drei Tage lang, und das wurde dann reingeschnitten. Wir selbst drehten in Hamburg, in der Regel im Hafen.
Der Reinl - das ist ja ein Typ gewesen! Wie Luis Trenker, ungeheuer zäh, unverwüstlich, hat auch Bergfilme gemacht. So ein robuster Filmemacher. Er war beim Verleih eigentlich sehr beliebt, weil er zu dieser Generation von Regisseuren gehört hat: diese Macher, diese harten, schnellen Macher. Die waren noch alle Diktatoren. Da mußte alles ruck-zuck gehen. Davon ist man ja heute ganz abgekommen. Solche Diktatoren haben sie damals gemocht. Da war der Weidenmann, ein im Grunde genommen sehr feiner Mensch, oder Cziffra. Die haben geschrien - das gibt's heute gar nicht mehr. Die Produktionsleiter, die waren noch aus dieser Generation.
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DER HARALD REINL HAT JA EINEN REGELRECHTEN FILMTOD IM WIRKLICHEN LEBEN GEHABT.
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Ja, ja, der ist erstochen worden, von hinten...
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DAS SELTSAME IST, DAß ALFRED VOHRER NUR EIN HALBES JAHR ZUVOR GESTORBEN IST. ER IST IN MÜNCHEN IN EINEM HOTELZIMMER EINEM HERZINFARKT ERLEGEN. DIE HÄTTEN NOCH VIEL GEMACHT, ES IST ECHT SCHADE DRUM.
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Und mit Reinls Frau, die die Tat begangen hat, haben sie gar nicht viel gemacht, glaub ich.
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HABEN SIE EIGENTLICH ALLE IHRE FILME GESEHEN?
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Nicht alle. Komischerweise hab ich mir vor kurzer Zeit das "KUCKUKSEI IM GANGSTERNEST" angeschaut, da hat er mir gefallen. Der ist vielleicht damals zu modern gewesen mit dieser ganzen Pop-Art und so. Da hat man sich damals eher geschreckt.
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DANN KOMMT DER VOHRER-FILM DER GORILLA VON SOHO.
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Die Uschi Glas war immer ein ganz interessanter massenpsychologischer Fall. Als sie bei Enke angefangen hat, war sie ein vollkommen unbekanntes Mädel. Sie sah sauber aus, vertrat die bürgerliche Welt, war, wo sie verkehrte, immer mit anständigen Leuten zusammen und überlegte sich immer ganz genau, mit wem sie gut fährt. Jeder deutsche Vater - in Anführungsstrichen "deutsche" und in Anführungsstrichen "Vater" - wünscht sich eigentlich solch' eine Tochter. Das war in ungefähr ihre Ausgangsposition, und sie ist es eigentlich bis heute geblieben: immer sauber, Mutter von Kindern, eine anständige Ehe usw. So ein Bild wird ja dann gepflegt. Ähnlich verhält es sich mit Senta Berger. Sie hat ja viele Filme in Rom gedreht, und da hatten die ganzen Journalisten den Auftrag ein sauberes Berger-Bild zu publizieren. Wie gesagt, sie war von Seiten der Produktion, von Seiten der Presse halt Frau Saubermann.
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SO WERDEN LEGENDEN GEBASTELT. 1969 HAT DANN IHRE LÄNGERE ZUSAMMENARBEIT MIT ERWIN C. DIETRICH BEGONNEN.
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Das war ganz lustig. Diese schweizer Produktionen... Wie hieß der Kameramann eigentlich noch?
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BAUMGARTNER.
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Baumgartner! Und sein Onkel hat die Musik gemacht, der Walter Baumgartner. Die Schweizer hab' ich wirklich gern gehabt. Die waren lustig. Das war'n ja diese Sexfilmchen, wo vom heutigen Standpunkt aus überhaupt nichts Skandalöses drin vorgekommen ist. Das würde heute alles ohne Probleme durch die FSK gehen. Aber am Anfang gab es schon Schwierigkeiten, wenn oben mal eine Brust frei war. War die Brustaufnahme länger als ein paar Sekunden, wurde von der FSK ein Schnitt gemacht.
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WAS HAT EIN DIETRICH-FILM IM DURCHSCHNITT GEKOSTET?
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Ich glaube, daß der nicht mehr gekostet hat als 500000 Mark. Soweit ich mich erinnern kann haben ZUR SACHE, SCHÄTZCHEN, WILDER REITER GMBH usw. damals alle unter einer Millionen gekostet. DER JUNGE TÖRLESS z.B. hatte ein Budget, das so um die 600 bis 800000 Mark gelegen hat, würde ich schätzen - das war '66, '67. Und die von Dietrich haben noch weniger gekostet. Bestimmt nicht mehr als 500000.
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HABEN SIE NOCH KONTAKT MIT DIETRICH?
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Jetzt nicht mehr. Was macht er denn heute für Filme?
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DIETRICH PRODUZIERT NUR NOCH. REGIEFÜHREN TUT ER NICHT MEHR.
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Sexfilme macht er schon lange nicht mehr. Das drehte man ja nur damals. Es sind ja hunderte gedreht worden. Luggi Waldleitner hat's gemacht. Spiehs hat's gemacht. Sie haben's alle gemacht.
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UND NATÜRLICH DER HARTWIG!
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Hartwig! Es haben sich alle Münchener Produzenten in den vier oder fünf Jahren daran beteiligt. Die Krimis wie z.B. HEISSES PFLASTER KÖLN und DIE ENGEL VON ST. PAULI waren nicht mehr möglich, weil das Fernsehen alles übernommen hatte. Dann war Schluß mit der deutschen Filmproduktion. Da gab's ja nichts mehr, danach folgte nur noch der subventionierte Staatsfilm. Die Filmförderung kam '68, '69. Dadurch ist das Ganze entstanden. Nur die Sexfilme hielten sich noch vier Jahre an der Kinokasse.
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WIESO IST KREUZFAHRT DES GRAUENS, IN DEM SIE MIT RAINER BASEDOW UND KARIN SCHUBERT AUFGETRETEN SIND, DAMALS NICHT SO RICHTIG INS KINO GEKOMMEN?
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Das war schon der Zusammenbruch vom Pflüger. Die Nora ist pleite gegangen, und ich glaube, der Film ist gar nicht mehr verliehen worden.
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DER HAT JA GAR KEIN RICHTIGES ENDE. DER HÖRT JA EINFACH AUF.
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Irgendwann hört der auf. Das haben wir alles in Englisch gedreht. Der ist danach lediglich deutsch synchronisiert worden. Der Leoni hatte vor, irgendeinen englischen Produzenten zu bekommen. Das waren diese paar Jahre, in denen es überall mit dem normalen Filmgeschäft am ausklingen war, und der Aufstieg des Fernsehens begann. Es gab nur noch diese schmale Möglichkeit, mit billigen Filmen ein bißchen was zu reißen.
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HIERNACH FOLGTE IHR ZWEITER DIETRICH, DIE NEFFEN DES HERRN GENERAL. WAREN SIE DER GENERAL?
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Daran kann ich mich nicht mehr erinnern - zumindestens nicht mit Sicherheit. Ich werde irgend so ein Gangster gewesen sein.
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ICH HAB DEN FILM AUCH NICHT GESEHEN. DAS PROBLEM IST, DAß DIE MEISTEN SENDER SO ETWAS NICHT BRINGEN WOLLEN, UND AUF DIESE ART SIND SIE HALT VERSCHOLLEN.
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Obwohl sie ja am Anfang auf RTL fast alles gebracht haben. Da hat der Spiehs sein größtes Geschäft mit gemacht, mit seinen Sexfilmen. Der hat anfangs alle bei RTL für 300, 400000 Mark verkauft, pro Ausstrahlung. Dann hat er sie zurückschicken lassen und wieder 300000 Mark kassiert.
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KOMMEN WIR JETZT ZU EINEM REGISSEUR, MIT DEM SIE DREIMAL GEDREHT HABEN: EIN KLEINER DICKER SPANIER NAMENS JESS FRANCO.
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Jess Franco! Ein Perversling, ne? Marquis de Sade und solche Sachen - macht er das immer noch?
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ER IST EIN FILMBESESSENER UND DREHT NOCH IMMER SOLCHE ANGELEGENHEITEN. SIE HABEN "'69 DIE JUNGFRAU UND DIE PEITSCHE" MIT IHM GEMACHT, AUCH BEKANNT ALS "DIE WILDKATZE". ANGEBLICH HAT CHRISTOPHER LEE DEN FILM DURCH ZUFALL IN LONDON GESEHEN UND SEINEN NAMEN ZURÜCKZIEHEN LASSEN - ALLE HÄTTEN SEX GEHABT, SOBALD ER VOM SET VERSCHWUNDEN SEI...
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Die Sexszenen waren aber im Kino nicht drin. Diese Schweine haben einfach nebenbei eine harte Fassung gedreht, die sie nach Südamerika verkauft haben. Das ist mir auch mal bei einem Film passiert.
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"DIE WILDKATZE" WAR KEIN HARDCORE-FILM, SONDERN SEHR SOFT. ABER CHRISTOPHER LEE WAR AUCH DAS SCHON ZUVIEL.
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Für heutige Verhältnisse ist da ja überhaupt nichts gewesen. Es durfte sich ja keiner richtig ausziehen, und die Männer mußten die Hosen anbehalten. Das war ja alles nur simuliert.
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KÖNNEN SIE ETWAS ZU DEM FILM ERZÄHLEN? ES GEHT UM EIN MÄDCHEN, DAS AUF EINE INSEL KOMMT...
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War das nicht mit der Liljedahl? Ich weiß nur noch, daß der Franco sein übliches Mittelding zwischen Krimi und Sex gemacht hat: Sexphantasie, ohne viel zu zeigen, und dazu das Grauenhafte und die Spannung. Er hatte kein Interesse am Offensichtlichen, es mußte immer geheimnisvoll kommen. In seiner Einstellung zum Kino hatte er etwas vom Stummfilm. Jess Franco ist ein ganz witziger Typ gewesen, ein sehr gebildeter Bursche. Er hatte etwas von einem Polanski-Verschnitt - der Verrückte, der viel denkt und plötzlich einen Einfall hat. Er war keiner, der etwas einfach herunternudelt, wenn er wenig Zeit hat; er hat immer eine besondere Stimmung herausholen wollen.
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ÜBER JESS FRANCO HEIßT ES, ER HABE GERNE ZWEI FILME AUF EINMAL GEDREHT, UND DANN NOCH EINEN ANDEREN FILM FÜR SICH SELBST NEBENBEI - MIT DEMSELBEN GELD.
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Er hat schon ein paar linke Sachen gemacht, aber wie gesagt, er war ein Kinofanatiker. Er hätte sich selbst nie für einen billigen Regisseur gehalten. Obwohl ich nur damals mit ihm zu tun gehabt habe, habe ich gemerkt, daß er eine gewisse Magie ausstrahlt. Eine perverse Magie.
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NOCH GANZ KURZ ZU CHRISTOPHER LEE UND IHNEN. HABEN SIE IHN GEMOCHT, ODER WAR ER ARROGANT?
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Christopher Lee? Ein wunderbarer Mann, mit dem ich mich herrlich verstanden habe. Der ist ein wirklicher Sir, ein ungemein gebildeter Mensch. Er hat ja an der Oper gesungen, Wagner und so weiter, bevor er mit der Hammer-Production zusammengekommen ist. Interessant ist, daß zum Beispiel auch Telly Savallas ursprünglich kein Schauspieler war sondern Hochschulprofessor in New York, für Philosophie oder so was. Er ist dann von einem Produzenten, mit dem er bekannt war, aufgefordert worden, irgendeine kleine Rolle zu spielen. Ob er das nicht nebenbei machen würde, er wäre ein guter Typ - so ist er da reingekommen. Mit 40 oder 45 hat er das erste Mal mit dem Film Bekanntschaft gemacht. Und der Christopher Lee, wie gesagt, hat das dann abgezogen. Er hat seine Rollen mit sehr viel Selbstironie gespielt, wie Vincent Price, dadurch wirken die Sachen stärker. Die haben immer doppelbödig gespielt, das war oft so bei den Horrorsachen. Herbert Lom, mit dem ich nachher bei HEXEN BIS AUF'S BLUT GEQUÄLT zusammengearbeitet habe, hatte auch diese Selbstironie...
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SIE HABEN NICHT MITGEKRIEGT, DAß CHRISTOPHER LEE SICH WÄHREND DER DREHARBEITEN AUFGEREGT HAT?
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Nein, das hat er später erst geschaltet, bei der Aufführung wahrscheinlich, oder noch später. Ich bin ja auch immer gleich weggeflogen, sofort zur nächsten Produktion. Nur einmal bin ich draufgekommen, daß die eine harte Szene zehn Jahre später reingeschnitten haben.
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BEI "DIE ENGEL VON ST. PAULI" WAR DANN EINER IHRER PARTNER WERNER POCHATH - ÜBER DEN MÜSSEN WIR AUCH EIN PAAR WORTE VERLIEREN. ER WAR EIN SEHR, SEHR GRANDIOSER SCHAUSPIELER, NORMALERWEISE WIRD ER ABER EHER UNTERBEWERTET.
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Der Werner Pochath war sehr umgänglich. Er hat nicht nur gespielt, er hat sich hineinversetzt... Aber er hat in den letzten Jahren hauptsächlich Geschäftsjobs gemacht. Er war beauftragt mit Koproduktionen, saß in Rom und hat sehr viel vermittelt.
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WIE WAR ER MENSCHLICH?
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Aalglatt. Ja, aalglatt. Ein Sunnyboy, über und über kultiviert. Und dann die Homo-Geschichte...
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MIT JÜRGEN ROLAND HABEN SIE DANN FERNSEHSACHEN GEMACHT.
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Jürgen Roland - "Stahlnetz", "Dem Täter auf der Spur" und dann eben DIE ENGEL VON ST. PAULI. Er war ein Reporter; ein Reporter mit Filmerfahrung. Er kannte die ganze Unterwelt und bewegte sich auch dort. Er war mit einem der Könige der Reeperbahn befreundet, und er hat die ganzen Totschläger und Mörder gekannt, aufgrund seiner Reportagen. Ich erinnere mich noch, bei DIE ENGEL VON ST. PAULI haben wir solche Totschläger als Berater gehabt, für den Film. Uwe hieß einer. Das war der Hauptberater, er hatte sogar einen Vertrag und spielte eine Rolle im Film. Einmal ist einer vom Spiegel gekommen, ein Redakteur, und hat gesagt: "Ich bin vom Spiegel, Herr Roland, und muß sie dringend sprechen. Sie haben da einen vorbestraften Totschläger als Berater. Ich recherchiere für die nächste Spiegelgeschichte und ich rate ihnen gut: Hören sie sofort auf hier." Die Aufnahmen wurden unterbrochen, und der Roland hat gesagt: "Was wollen sie überhaupt. Ich dreh hier diesen Film und ich brauch für solche Szenen auch Beratung." Und der Uwe stand daneben und hörte das ganze Gespräch. Dann ging er hin und sagte: "Hör mal Junge, wenn du eine Zeile über mich schreibst, dann erkennst du dich und dein Gesicht nicht mehr!" Nie ist dann ein Wort im Spiegel gekommen...
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HORST FRANK HAT AUF DEN DIETER WEDEL GESCHIMPFT, DER ST. PAULI IN MÜNCHEN BAUEN LIEß. ER MEINTE, DER STEHE NEBEN SEINEN DARSTELLERN UND WEISE SIE TROTZDEM MIT EINER FLÜSTERTÜTE AN - SO'N TYP WÄRE DAS.
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Der Wedel ist ein Arsch. Ein hoch überschätzter, penetranter, frecher Bauernschinder bis dort hinaus. Der macht dich zur Schnecke.
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GIBT ES NOCH EINE ANEKDOTE ZUM "ENGEL VON ST. PAULI?"
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Ja, vor allem die Filmhochzeit. Da gab's die Geschichte mit den Österreichern, die ausgewiesen werden sollten. Das hat die Polizei veranlaßt, die Davidswache. Österreichische Zuhälter wollten damals den Hamburger Kiez erobern. In St. Pauli sind dann 20 oder 30 Mercedesse aufgefahren, und die haben wirklich eine Kolonie gegründet, haben 30 oder 40 Huren beaufsichtigt, und haben wirklich vorgehabt, Hamburg zu erobern, genauso, wie sie in Frankfurt schon ein paar Straßenzüge erobert hatten. In der Verbindung von Polizei und Unterwelt sind sie dann ausgewiesen worden. Sie hätten sich nur halten können, wenn sie mit einer Deutschen verheiratet gewesen wären. Und darum haben sie 30 deutsche Huren genommen und sich alle verheiratet. Das war die einzige Chance, genauso wie es jetzt ist, wenn du als Ausländer verheiratet bist - dann kann man nicht ausgewiesen werden. Sonst hätten sie Deutschland innerhalb von 24 Stunden verlassen müssen. Daher gab es diese Hochzeit auf der Reeperbahn. Die Hamburger versuchten, dort einen Tumult zu verursachen, damit wir verschwinden. Als der Horst Frank mit seinen Leuten dort reinkam, gab es dann diese Hochzeitsschlacht. Für die Dreharbeiten waren natürlich einige Sachen präpariert, ein Teil der Stühle war aus Balsaholz, die Sessel der Komparsen waren aber echt. Die Stuntmen sind in die Mitte gegangen und haben dort losgelegt. Insgesamt waren über hundert Leute anwesend, und ich wußte schlagartig: Gleich geht die Schlacht jeder gegen jeden los. All die ganzen harten Typen vom Kiez waren auch dabei, aber die waren in dem Sinne keine Stuntleute. Einer von denen hat dann irgendeinen Rempler abbekommen, und der hat das natürlich voll ausgenutzt.. Die haben dann wirklich eine Schlacht gemacht, und zum Teil dafür auch die Gegenstände genommen, die nicht präpariert waren. Das hat dann massenhaft Verletzte gegeben, mit Splittern im Auge, Knochenbrüchen, alles mögliche. Ich bin natürlich sofort an die Wand, als ich gesehen habe, was für ein ungeheurer Tumult das ist....
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JETZT KOMMEN WIR ZUM WICHTIGSTEN FILM DER DEUTSCHEN FILMGESCHICHTE...
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Was war das?
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HEXEN BIS AUF'S BLUT GEQUÄLT.
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HEXEN...! Ja, das war eine Sensation! So was hätte ich gerne weitergedreht. Das ist wirklich ein schöner Horrorfilm gewesen.
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UNGLAUBLICH, DAß SO WAS MAL IN DEUTSCHLAND MÖGLICH WAR. WERDEN SIE HEUTE NOCH DARAUF ANGESPROCHEN?
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Ja sicher, der ist noch immer bekannt. Die Leute, die ihn damals gesehen haben, sagen heute noch, da hätten sie den ersten Schrecken ihres Lebens bekommen.
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DAS IST ÜBRIGENS DAS LETZTE VIDEOCOVER. AUCH DIE BERÜHMTE SZENE, DIE IN DER ERSTEN FASSUNG GESCHNITTEN WAR, IST JETZT WIEDER DRIN: DIE MIT DER ZUNGE.
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Die ist jetzt drin? Ja wunderbar, die hab ich geliebt. Man muß diese Hexen schön drehen, sonst hat's überhaupt keinen Sinn. (Allgemeines Gelächter)
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WIE WAR DAS MIT DEM UDO KIER DAMALS? ER WAR JA DA NOCH NICHT SO BEKANNT.
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Nein, er war damals ein Unauffälliger. Er war irgendwie deprimiert, denn er hatte damals verschiedene Schwierigkeiten. Später ist er ja nach Amerika gegangen und hat Erfolg gehabt - in Deutschland hatte er nur Ärger...
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INWIEFERN?
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Direkt weiß ich es auch nicht, ob mit der Homoszene...
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HAT MAN DAS DENN AM SET GEMERKT?
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Nein, aber wir haben das gewußt. Immer gab es irgendwelche Wickel, es mußte geheimgehalten werden. Und dann haben sie ihn wohl erpreßt. Man hat ihm gesagt, sie werden es im Fernsehen bringen. Damals war das eine sehr unangenehme Geschichte, die haben sich ja alle gedrückt. Erst später ist das dann angegangen worden, mit dem Outing, als sie sagten "Jetzt reicht's aber!" In den 70ern, also vor dreißig Jahren, war das noch ein heikles Thema. Die haben da schon einiges mitgemacht.
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REGGIE NALDER ERZÄHLTE EINE SCHÖNE GESCHICHTE: DIE OLIVERA VUCO - DAS WAR DIE ZIGEUNERIN, IN DIE SICH DER UDO KIER VERLIEBT HAT -, DIE WÄRE NACHTS ZU UDO KIER AUF'S ZIMMER GEKOMMEN, DA SIE NICHT GEWUßT HÄTTE, DAß ER SCHWUL IST. UDO KIER HÄTTE NICHTS VON IHR GEWOLLT, UND SIE HÄTTE SICH GEWUNDERT, WARUM.... HABEN SIE ETWAS DAVON MITBEKOMMEN?
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Ja, das war immer so. Die Mädchen haben sehr auf ihn gestanden, er ist ja auch ein richtiger Schöner, und dann dachten sie: "Was hat er denn?"
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KÖNNEN SIE UNS ETWAS ÜBER MICHAEL ARMSTRONG ERZÄHLEN?
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Michael Armstrong! Das war eine Gaudi!
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DER BEKAM SICH DANN MIT DEM ADRIAN HOVEN IN DIE WOLLE, ODER?
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Nee, der war immer vollgepumpt! Das war ja der Assistent vom Regisseur des HEXENJÄGERs, Michael Reeves. Die Gloria wollte ursprünglich den Reeves, die hatten schon einen Vertrag mit ihm, und dann ist er gestorben, hat sich umgebracht. Und da hat die Gloria einfach den Armstrong genommen, weil sie sich gesagt haben, das wäre die einzige Möglichkeit: Der Anlaß für diesen Film war natürlich DER HEXENJÄGER, der Welterfolg. Und obwohl die Kubaschewski natürlich nie Interesse gehabt hat an diesen Filmen, hat sie sich gesagt, sie wäre ja bedeppert, wenn sie sich diese Welle, die gerade so ungeheuer gut läuft, von der Constantin wegschnappen läßt. Gegen ihren Willen hat sie den Vertrag gemacht, weil ein Zuträger aus der Filmbranche gesagt hatte, daß sonst die Constantin den Markt an sich reißt. Sie hat ihn dann gemacht, obwohl der Stoff ihr überhaupt nicht gelegen hat.
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Ende Teil 2
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